KI-Training mit Raubkopien: Anthropic-Urteil schockt Branche

Ein jüngstes Urteil in den USA wirbelt die KI-Branche auf. Es geht um die rechtliche Grauzone beim Training von KI-Modellen mit urheberrechtlich geschützten Daten. Besonders brisant: Die Nutzung von Millionen von Raubkopien durch ein großes KI-Unternehmen steht im Fokus. Was bedeutet das für die Zukunft der generativen KI?

In einer wegweisenden Entscheidung, die die Zukunft der KI-Industrie maßgeblich beeinflussen könnte, hat ein US-Bundesrichter in San Francisco geurteilt, dass das Training von KI-Modellen mit urheberrechtlich geschützten Werken unter bestimmten Umständen als „fair use“ (gerechtfertigte Nutzung) betrachtet werden kann. Dieses Urteil ist zentral im Fall von Anthropic, deren KI-Plattform Claude im Mittelpunkt eines Rechtsstreits über die Nutzung geschützter Bücher stand. Millionen von Büchern wurden zur Schulung der KI verwendet, was die Frage aufwarf, ob dies ohne explizite Genehmigung der Urheberrechtsinhaber zulässig ist.

„Die Nutzung der Bücher durch Anthropic war wesentlich transformierend, da das Ziel darin bestand, etwas Neues zu schaffen und nicht, die Originalwerke zu replizieren oder zu ersetzen.“

Drei Autoren – Andrea Bartz, Charles Graeber und Kirk Wallace Johnson – reichten Klage gegen Anthropic ein, da sie eine unzulässige Nutzung ihrer Werke sahen. Richter William Alsup, erfahren in technischen Rechtsfällen, entschied, dass die Nutzung legal erworbener und digitalisierter Bücher zur Schulung von KI-Modellen unter „fair use“ fällt. Er begründete dies damit, dass die Nutzung der Bücher „quintessentially transformative“ war, vergleichbar mit einem Leser, der zur eigenen Kreativität inspiriert wird.

Ein kritischer Aspekt des Urteils betrifft jedoch die Nutzung von Raubkopien. Anthropic hatte über sieben Millionen Raubkopien von Büchern heruntergeladen und gespeichert. Richter Alsup sah dieses Vorgehen als problematisch an, da das Unternehmen die Raubkopien „für seine Taschen und Bequemlichkeit“ behielt. Er stellte klar, dass das Herunterladen und Speichern von Raubkopien nicht unter „fair use“ fällt und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte.

Ein separates Verfahren wird die Speicherung dieser Raubkopien und mögliche Schadensersatzansprüche klären. Auch die Frage, ob der Fall zu einer Sammelklage wird, steht noch offen, was die finanziellen Risiken für Anthropic erheblich erhöhen könnte. Das Urteil ist ein Teilsieg für die KI-Industrie, hebt aber die Notwendigkeit hervor, ethische und rechtliche Standards bei der Datensammlung einzuhalten.

„Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte in ähnlichen Fällen entscheiden werden. Die Rechtsprechung in diesem Bereich ist noch im Entstehen.“

Anthropic und andere KI-Unternehmen müssen sich nun noch stärker auf die legale Beschaffung und Nutzung von Daten konzentrieren. Zukünftige Urteile könnten die Grenzen des „fair use“ in der KI-Industrie weiter präzisieren. Das Urteil verdeutlicht, dass sich der Rechtsrahmen für die KI-Industrie entwickelt und Unternehmen die Balance zwischen Innovation und Compliance halten müssen.