Strategy Inc., ehemals MicroStrategy, hat sich radikal neu erfunden und setzt alles auf Bitcoin. Doch ist Michael Saylors kühne Strategie ein finanzielles Meisterwerk oder ein gefährliches Spiel mit dem Feuer und enormer Hebelwirkung?
In der Finanzwelt hat Strategy Inc., ehemals MicroStrategy, eine bemerkenswerte Transformation vollzogen. Einst ein Anbieter von Business-Intelligence-Software, konzentriert sich das Unternehmen unter Michael Saylor nun fast ausschließlich auf den Erwerb und die Verwaltung von Bitcoin. Diese radikale Neuausrichtung wirft die Frage auf, ob Strategy ein solides Fundament oder ein fragiles Konstrukt aus Überzeugung und finanzieller Hebelwirkung geschaffen hat, dessen Stabilität zunehmend hinterfragt wird.
Strategy Inc. bezeichnet sich selbst als „die weltweit erste und größte Bitcoin-Treasury-Gesellschaft“. Die Zahlen untermauern diesen Anspruch: Bis März 2025 hielt das Unternehmen 528.185 BTC, erworben für rund 35,63 Milliarden US-Dollar (Durchschnittspreis: 67.458 USD). Allein im März 2025 kamen 22.048 BTC für 1,92 Milliarden Dollar hinzu (Durchschnittspreis: 86.969 USD). Diese aggressive Akkumulation finanziert sich zunehmend über Fremdkapital und komplexe Finanzinstrumente, was das Risikoprofil des Unternehmens deutlich erhöht.
Die Aktie von Strategy (MSTR) fungiert inzwischen als eine Art Proxy-ETF auf Bitcoin, jedoch mit zusätzlicher operativer Hebelwirkung und spezifischen Unternehmensrisiken. Im Gegensatz zu regulierten Spot-ETFs bietet MSTR eine verstärkte, aber auch riskantere Bitcoin-Exposition. Die Aktie reagiert überproportional volatil auf Bitcoin-Kursschwankungen, was auf die eingesetzte Hebelwirkung und die finanzielle Struktur des Unternehmens zurückzuführen ist. Dies zieht sowohl risikofreudige Anleger als auch skeptische Beobachter an.
Zur Finanzierung hat Strategy sein Angebot um bevorzugte Aktien wie STRK (8% Rendite) und STRF (10% Rendite) erweitert. Diese Instrumente ähneln Anleihen durch feste Renditen, ihre Sicherheit ist jedoch untrennbar mit dem Bitcoin-Kurs verknüpft. Steigt Bitcoin, profitieren die Anleger von der Rendite. Fällt der Kurs, bleibt zwar die Renditezusage bestehen, doch das Kapitalrisiko für die Anleger und das strukturelle Risiko für das Unternehmen nehmen signifikant zu.
Kritiker argumentieren, dass es hier keine echte Absicherung gibt, sondern lediglich unterschiedliche Grade an spekulativer Ausrichtung auf steigende Bitcoin-Preise.
Das Unternehmen hat ein komplexes Finanzökosystem geschaffen, in dem diverse Instrumente die Preisbewegungen von Bitcoin widerspiegeln und verstärken. Die operativen Einnahmen aus dem Softwaregeschäft sind gegenüber der Kryptowährungsbilanz in den Hintergrund getreten. MSTR ist eine hochvolatile Bitcoin-Wette, die bevorzugten Aktien sind hybride Risikoinstrumente. Dieses System birgt Potenzial für enorme Gewinne, aber ebenso für verheerende Fiatverluste, abhängig von der Bitcoin-Marktentwicklung.
Der Markt reagierte mit einer Welle von Hebel- und Inverse-Produkten, die an MSTR gekoppelt sind. Produkte wie MSTU (2x Long) oder SMST (2x Short) ermöglichen Anlegern eine turbogetriebene Bitcoin-Exposition ohne Direktinvestment. Diese synthetischen Instrumente sind komplex, bergen Risiken wie tägliche Resets und Volatilitätsverfall (Decay) und erhöhen die systemische Volatilität rund um Strategy Inc., und Bitcoin selbst.
Seit 2020 hat Strategy über ein Dutzend Kapitalerhöhungen durchgeführt, mittels Wandelanleihen, Aktienprogrammen und den STRF-Vorzugsaktien. Jede Kapitalaufnahme dient primär dem Kauf weiterer Bitcoins, was die Stimmung antreibt und wiederum neue Finanzierungen ermöglicht. Diese Rückkopplungsschleife ist zentral für die Strategie, birgt aber bei jeder Emission das Risiko der Verwässerung für bestehende Aktionäre und erhöht die Abhängigkeit von einem anhaltenden Bitcoin-Bullenmarkt.
Für Anleger bietet der Ansatz von Strategy einen strukturierten, wenn auch hochriskanten Weg zur Bitcoin-Exposition über bekannte Finanzinstrumente. Die Risiken liegen klar in der extremen Volatilität von Bitcoin, der potenziellen Verwässerung durch Kapitalmaßnahmen und der allgemeinen Gesundheit der Unternehmensbilanz unter Stressbedingungen. Michael Saylors Mantra „Volatilität ist Vitalität“ unterstreicht die Überzeugung, lässt aber offen, ob das gebaute Kartenhaus einem Sturm standhält.