Bitcoin zeigt erneut Lebenszeichen mit Kursanstiegen, doch die Frage bleibt: Ist das Momentum nachhaltig? On-Chain-Analysen, insbesondere das Realized Profit/Loss Ratio, liefern kritische Einblicke und mahnen zur Vorsicht.
Bitcoin hat in letzter Zeit wiederholt Erholungen gezeigt, die auf vorherige Rückgänge folgten. Doch sind diese Aufwärtsbewegungen ein Zeichen für echte bullische Dynamik? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick auf wichtige On-Chain-Daten, insbesondere das Verhältnis von realisierten Gewinnen und Verlusten (Realized Profit/Loss Ratio). Die Analysefirma Glassnode hat diesen Indikator in ihrem aktuellen Wochenbericht detailliert untersucht und liefert entscheidende Einblicke in das tatsächliche Marktverhalten und die zugrunde liegende Stärke oder Schwäche des aktuellen Trends.
Das Realized Profit/Loss Ratio misst das Verhältnis zwischen den realisierten Gewinnen und Verlusten aller auf der Blockchain bewegten Coins. Es analysiert die Transaktionshistorie, um festzustellen, ob Coins mit Gewinn oder Verlust verkauft wurden. Ein Wert über 1 zeigt eine Dominanz der Gewinnmitnahmen an, während ein Wert unter 1 darauf hindeutet, dass mehr Verluste realisiert werden. Dies hilft, die Netto-Stimmung und Profitabilität im Markt zu beurteilen und Phasen der Verkäufererschöpfung oder übermäßigen Euphorie zu identifizieren.
In den letzten Monaten, geprägt von bearischen Kursbewegungen, fiel das Realized Profit/Loss Ratio laut Glassnode unter 1. Dies signalisiert eine Dominanz von Verlustrealisierungen. Solche Phasen deuten typischerweise auf eine Erschöpfung der Verkäufer hin, da der Verkaufsdruck nachlässt und absorbiert wird. Oft führt dies zu einer Kapitulation, die Bitcoin hilft, lokale Tiefpunkte zu finden. Nach jeder dieser Wellen der Verlustrealisierung konnte Bitcoin tatsächlich eine Erholung starten, wie die Daten zeigen.
Die entscheidende Frage bleibt jedoch: Sind diese Erholungen nachhaltig und leiten sie eine echte Trendwende ein, oder handelt es sich lediglich um kurzfristige Aufbäumarbeiten – sogenannte „dead-cat bounces“ – in einem übergeordneten Abwärtstrend? Die bisherige Unbeständigkeit der Erholungen mahnt zur Vorsicht. Eine längerfristige Betrachtung der On-Chain-Metriken ist notwendig, um die Robustheit der aktuellen Marktbewegungen zu bewerten und potenzielle Fiatverluste durch verfrühte Long-Positionen zu vermeiden.
Diese kurzfristigen gewinngetriebenen Aufschwünge konnten den breiteren Abwärtstrend nicht umkehren, was darauf hindeutet, dass das Makro-Bild weiterhin durch eine generell schwächere Liquidität und verschlechterte Rentabilität gekennzeichnet ist.
Glassnode verweist auf den 90-Tage-Simple-Moving-Average (SMA) des Bitcoin Realized Profit/Loss Ratio. Trotz der kurzfristigen Gewinnrealisierungsschübe zeigt dieser geglättete Indikator einen starken Abwärtstrend. Dies unterstreicht die Einschätzung, dass die übergeordnete Marktlage weiterhin angespannt ist. Die mangelnde Liquidität und die geringere Profitabilität der Investoren, insbesondere der Short-Term Holder, verhindern bisher eine nachhaltige bullische Umkehr.
Neben dem Realized Profit/Loss Ratio liefert auch der Net Unrealized Profit/Loss (NUPL) wichtige Einblicke. Dieser Indikator misst den Anteil des im Umlauf befindlichen Bitcoin-Vorrats, der sich im Gewinn oder Verlust befindet. Historisch korrelieren hohe NUPL-Werte (nahe 0,75) oft mit Markthochs, während Werte unter 0 Markttiefs anzeigen. Aktuell deutet der NUPL zwar auf Wachstumspotenzial hin, hat aber noch nicht die Extremwerte früherer Bullenmärkte erreicht, was die Analyse stützt.
Betrachtet man speziell die Long-Term Holder (LTH), so zeigt deren NUPL (LTH-NUPL) ebenfalls noch Raum nach oben. Dies legt nahe, dass ein potenzielles Markthoch vielleicht erst in einigen Monaten erreicht werden könnte. Die Marktpsychologie, ablesbar aus diesen Indikatoren, signalisiert noch keine überhitzte Euphorie. Die jüngsten Erholungen scheinen also eher technische Reaktionen als der Beginn eines neuen, stabilen Aufwärtstrends zu sein. Vorsicht bleibt geboten.