Nach Trudeaus Rücktritt rückt Mark Carney ins Zentrum der kanadischen Politik. Der Ex-Zentralbanker gewann die Liberale Führung und fordert nun bei der Bundeswahl am 28. April 2025 die Wähler heraus. Seine wirtschaftliche Expertise könnte in turbulenten Zeiten den Ausschlag geben.
Inmitten politischer Umbrüche in Kanada, ausgelöst durch Premier Trudeaus Rücktritt, gewinnt Mark Carney, Ex-Gouverneur der Bank of Canada, erhebliches Momentum. Nach seinem Sieg bei der Führungswahl der Liberalen Partei am 9. März 2025 steht er nun vor der Herausforderung der Bundeswahl am 28. April 2025. Seine Aufgabe: Die kanadischen Wähler trotz fehlender Vorerfahrung als gewählter Amtsträger zu überzeugen – ein historisches Novum für einen kanadischen Premierminister, als der er am 14. März vereidigt wurde.
Die Führungswahl der Liberalen zeigte eine außergewöhnlich hohe Beteiligung von 92,7%. Mit über 85% der Erstpräferenzen und einer Mehrheit in allen 343 Wahlkreisen sicherte sich Carney einen überwältigenden Sieg [1]. Seine sofortige Entscheidung, vorgezogene Neuwahlen auszurufen, versetzt die politische Landschaft erneut in Bewegung. Beobachter sehen dies als strategischen Schritt, das aktuelle Momentum zu nutzen und eine starke Regierungsmehrheit anzustreben, bevor externe Faktoren die Stimmung beeinflussen könnten.
Ein entscheidender Faktor für Carneys Wahlchancen sind die aktuellen Wirtschaftsprobleme, insbesondere die Handelskonflikte mit den USA unter Präsident Trump. Die verhängten Zölle setzen die kanadische Wirtschaft unter Druck. Carney positioniert sich mit seinem Zentralbanker-Hintergrund als fähiger Krisenmanager, der Kanada durch diese turbulenten wirtschaftlichen Zeiten führen kann. Seine Warnungen vor globalen Rezessionsrisiken verleihen seiner Kampagne zusätzliche Dringlichkeit und Glaubwürdigkeit bei den Wählern, die nach Stabilität suchen.
Laut einer Umfrage von Nanos Research liegen die Liberalen derzeit bei 43% und die Konservativen bei 39% der nationalen Unterstützung [2]. Diese Zahlen deuten auf eine gute Ausgangsposition für Carney hin.
Carneys Fähigkeit, über Parteigrenzen hinweg zu mobilisieren, ist bemerkenswert. Bei einem Auftritt im konservativen Calgary zog er über 2.300 Menschen an, darunter viele ehemalige Konservative und NDP-Wähler [2]. Als Gründe für ihren Wechsel nennen viele Carneys Geschäftserfahrung und seine wahrgenommene Fähigkeit, den negativen Auswirkungen der US-Zölle entgegenzuwirken. Dies zeigt ein Potenzial zur Wählerwanderung, das für den Wahlausgang entscheidend sein könnte, insbesondere in umkämpften Wahlkreisen.
Die Liberalen unter Carney werben mit konkreten finanziellen Entlastungen. Versprochen wird eine Erhöhung des garantierten Einkommenszuschusses für Senioren um 5% für ein Jahr sowie eine Reduzierung des Mindestabzugs aus RIFs um 25% [3]. Ziel ist es, Senioren vor Verlusten bei volatilen Märkten zu schützen. Zudem soll der unterste Einkommenssteuersatz von 15% auf 14% gesenkt werden [4]. Diese Maßnahmen zielen direkt auf die Verbesserung der Kaufkraft ab.
Neben wirtschaftlichen Themen adressieren die Liberalen auch Wohnungsbau und Medien. Geplant ist die Abschaffung der GST für Erstkäufer neuer Wohnungen unter 1 Mio. Dollar und eine Verdopplung der Neubauquote [4]. Die jährliche Förderung für CBC/Radio-Canada soll um 150 Mio. CAD erhöht und gesetzlich verankert werden [4]. Auch die ausländische Einflussnahme, insbesondere über WeChat aus China, wird thematisiert, wobei die Behörden betonen, dass die Wahlintegrität bisher nicht gefährdet sei [5].