Buterins Appell: Eth-Apps brauchen soziale Werte!

Vitalik Buterin mahnt: Nicht die Infrastruktur, sondern die Anwendungsebene von Ethereum benötigt dringend eine ‚gute soziale Philosophie‘. Er argumentiert, dass die Werte der Entwickler maßgeblich die Qualität und Ausrichtung der dApps bestimmen.

Vitalik Buterin, der Mitbegründer von Ethereum, betont eindringlich die Notwendigkeit einer ‚guten sozialen Philosophie‘ nicht primär für die Infrastruktur, sondern für die Anwendungsebene. In einem kürzlichen Statement argumentierte er, dass dezentrale Anwendungen (dApps), die auf Ethereum aufbauen, am stärksten von den zugrundeliegenden Werten und Zielen ihrer Entwickler geprägt werden. Diese Philosophie entscheidet maßgeblich über den gesellschaftlichen Nutzen oder Schaden der jeweiligen Applikation und formt somit das Ökosystem entscheidend mit. Die Kernwerte von Ethereum müssen sich daher in den dApps manifestieren.

Auf Warpcast reagierte Buterin auf die Forderung nach einer neuen Entwicklergeneration und stellte klar: Die Anwendungsebene benötigt diese Philosophie am dringendsten. Seine Analyse unterstreicht die Spezialisierung von Apps und die daraus resultierende Abhängigkeit von den Ideen der Entwickler über die Rolle von Ethereum in der Welt. Die Implementierung von Werten ist hier kein optionales Add-on, sondern eine fundamentale Designentscheidung, die weitreichende Konsequenzen für Nutzer und das gesamte Netzwerk hat. Es ist daher kritisch, fundierte Ideen in diesem Bereich zu fördern.

Apps sind zu etwa 80% spezialisiert. Was für Apps man baut, hängt stark von den Ideen ab, die man über die Rolle von Ethereum-Apps und Ethereum als Ganzes in der Welt hat. Gute Ideen sind hier entscheidend.

Buterin zog einen Vergleich zur Programmiersprache C++ heran, um den Unterschied zu verdeutlichen. Eine allgemein nutzbare Sprache wie C++ sei kaum von der Ideologie ihrer Schöpfer beeinflusst, selbst wenn diese extrem wäre. Der Grund: Die Sprache selbst bietet wenig Angriffsfläche für soziale Philosophien. Sie ist ein Werkzeug, dessen ethische Dimension erst durch die Anwendung entsteht. Dies steht im Kontrast zu Plattformen wie Ethereum, deren Design bereits bestimmte Werte impliziert und fördert oder behindert.

Im Gegensatz dazu sei Ethereums Layer-1 zwar teilweise universell, aber stärker philosophisch geprägt. Beispiele wie der Übergang zu Proof of Stake (PoS) oder die Unterstützung von Light-Clients wären ohne den Glauben an Dezentralisierung und Energieeffizienz nicht erfolgt. Buterin schätzt Ethereum daher als nur zu etwa 50% ‚allgemein nutzbar‘ ein. Die Ethereum Virtual Machine (EVM) Opcodes mögen ähnlich bleiben, aber die strategische Ausrichtung der Basisschicht reflektiert klare Wertentscheidungen des Kernteams.

Konkret nannte Buterin Beispiele für Apps, die positive soziale Philosophien verkörpern: Railgun (Privatsphäre), Farcaster (Web3 Social), Polymarket (Prognosemarkt) und Signal (Messenger). Diese Anwendungen seien darauf ausgelegt, ‚das Richtige zu tun‘. Demgegenüber stehen Projekte wie Pump.fun (Memecoins), das gescheiterte Terra/LUNA-Ökosystem und die Börse FTX als Beispiele für destruktive Philosophien. Der Unterschied liegt laut Buterin in den Überzeugungen und Zielen der Entwickler, was diese mit ihrer App erreichen wollen.

Diese Betonung steht im Einklang mit den Cypherpunk-Werten, die Ethereum seit seinen Anfängen prägen: Dezentralisierung, Privatsphäre und Ressourcenschonung. Wie Entwickler diese Werte in ihren dApps umsetzen, bestimmt die zukünftige Entwicklung des Ethereum-Ökosystems maßgeblich. Es geht nicht nur um Code, sondern um die ethische Grundlage, auf der Anwendungen operieren. Die Community muss sich dieser Verantwortung bewusst sein und entsprechende Standards fördern, um langfristig Vertrauen und nachhaltiges Wachstum zu sichern.

Trotz Buterins Appell gibt es Kritik. Viele Nutzer sind frustriert über die Netzwerkleistung und fordern eine stärkere Konzentration auf die Skalierung der Layer-1. Argumentiert wird, dass eine performante Basisschicht die Voraussetzung sei, um überhaupt eine breitere Masse für die Cypherpunk-Werte zu gewinnen und die Anwendungsebene effektiv zu unterstützen. Ohne ein ‚winning product‚ auf der Infrastrukturebene könnten philosophische Debatten über Apps ins Leere laufen, so die Sorge mancher Kritiker im Ökosystem.