Immer mehr Unternehmen setzen auf Bitcoin als Teil ihrer Finanzstrategie. Doch die Konzentration dieser Bestände bei wenigen Verwahrern (Custodien) alarmiert Experten. Birgt die bequeme Lösung ein systemisches Risiko für das gesamte Netzwerk?
Die Akzeptanz von Bitcoin in Unternehmens-Treasuries wächst rasant. Seit 2020 stiegen die Corporate Bitcoin-Holdings um beeindruckende 587%. Unternehmen wie MicroStrategy, Block und Tesla sehen in Bitcoin eine Diversifikation und einen Hedge gegen Inflation. Sie schätzen die feste Gesamtmenge von 21 Millionen Coins, die Bitcoin zum „digitalen Gold“ macht, sowie die 24/7-Liquidität, die traditionelle Bankensysteme nicht bieten. Was genau eine Kryptowährung ist, kann man hier nachlesen. Diese Entwicklung signalisiert einen fundamentalen Wandel im Treasury Management, birgt aber auch signifikante Risiken, die nicht ignoriert werden dürfen.
Jameson Lopp, Mitgründer von Casa, warnt eindringlich: Die „Bitcoin Corporate Treasury“-Narrative ohne Selbstverwahrung sei ein „footgun“. Die Konzentration von BTC bei wenigen vertrauenswürdigen Dritten erhöht systemische Risiken erheblich.
Die Daten von Glassnode und anderen Analysefirmen zeichnen ein klares Bild: Öffentliche und private Unternehmen halten derzeit etwa 1.019.136 BTC, was 5,13% des umlaufenden Angebots entspricht. Besorgniserregend ist die Konzentration: Nur fünf Entitäten – MicroStrategy, Block.one, Tether, BitMEX und Xapo – kontrollieren zusammen über 559.000 BTC. Das sind rund 82% aller bekannten Corporate Holdings. Diese massive Zentralisierung steht im Widerspruch zum dezentralen Ethos von Bitcoin und schafft gefährliche Abhängigkeiten.
Viele institutionelle Investoren und Unternehmen setzen auf lizenzierte Custodien, um interne Governance-Vorgaben und regulatorische Compliance zu erfüllen. MicroStrategy verteilt seine Bestände auf Anbieter wie Fidelity, Anchorage Digital und Coinbase Prime. Auch Vermögensverwalter wie BlackRock vertrauen auf etablierte Player wie Coinbase und Anchorage. Diese Abhängigkeit schafft jedoch potenzielle Single Points of Failure in einem Netzwerk, das eigentlich auf dezentrale Kontrolle ausgelegt ist – ein oft übersehener Aspekt.
Die Verwahrungsstrategie ist ein kritischer Faktor. Unternehmen müssen zwischen institutioneller Verwahrung (Custody), Selbstverwahrung (Self-Custody) und kollaborativen Modellen abwägen. Jede Option birgt spezifische Trade-offs zwischen Benutzerfreundlichkeit und Gegenparteirisiko. Während Block beispielsweise auf Self-Custody setzt und sich zusätzlich durch Versicherungen absichert, bevorzugen andere den vermeintlichen Komfort institutioneller Lösungen, nehmen dafür aber das Risiko Dritter in Kauf. Eine sorgfältige Analyse ist unerlässlich.
Zusätzlich zu den Verwahrungsrisiken kämpfen Unternehmen mit regulatorischen und rechtlichen Hürden. Komplexe und oft unklare Vorschriften zur Buchführung und Steuerbehandlung von Bitcoin schrecken viele potenzielle Investoren ab. Obwohl jüngste regulatorische Entwicklungen beginnen, mehr Klarheit zu schaffen, bleibt die Unsicherheit ein signifikanter Faktor, der die breitere Adoption im Unternehmenssektor bremst und Fiatverluste bei Fehlentscheidungen wahrscheinlich macht.
Die strategische Rationale für die Bitcoin-Adoption variiert stark. Einige Unternehmen sehen es primär als langfristigen Wertspeicher (Store of Value). Andere nutzen Bitcoin als strategische Reserve oder zur Erweiterung ihres Kerngeschäfts. MicroStrategy verfolgt einen All-in-Ansatz und finanziert Käufe über Wandelanleihen und Aktienverkäufe, was den Aktienkurs stark an den Bitcoin-Preis koppelt. Wie sich dieser zusammensetzt, wird hier erläutert. Coinbase und Block hingegen signalisieren mit ihren Investments ihr Engagement im Krypto-Sektor.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die wachsende Rolle von Bitcoin in Unternehmensstrategien bietet Chancen, birgt aber durch die Konzentration bei Custodien erhebliche systemische Risiken. Eine Balance zwischen der Einfachheit institutioneller Verwahrung und der Souveränität der Selbstverwahrung ist essenziell. Es braucht dringend Infrastrukturen, die sowohl Sicherheit als auch Usability gewährleisten, um die Risiken zu minimieren und das Vertrauen in Bitcoin als Corporate Asset langfristig zu sichern. Laut einem Bericht von The Global Treasurer stiegen die Corporate Bitcoin-Holdings seit 2020 um 587%.