Können komplexe smarte Verträge bald auf Bitcoin laufen? Forscher von StarkWare stellen ColliderVM vor, ein Protokoll, das die bisherigen Limitierungen überwinden soll. Dieser potenzielle Durchbruch könnte Bitcoin fundamental verändern.
Bitcoin steht vor Herausforderungen bei komplexen smarten Verträgen, da seine Skriptmöglichkeiten traditionell stark limitiert waren. Forscher von StarkWare und dem Weizmann Institute of Science präsentieren nun mit ColliderVM einen potenziellen Durchbruch. Dieses Protokoll soll die Beschränkungen überwinden und statefulle Berechnungen auf der Bitcoin-Blockchain ermöglichen. Im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen erlaubt ColliderVM multi-schrittige Prozesse, die sicher über mehrere Transaktionen hinweg ausgeführt werden können, was völlig neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnet und die Funktionalität von Bitcoin erweitern könnte.
Bislang litten Bitcoin-Skripten unter klaren Grenzen: Maximal 4 Millionen Opcodes pro Block und höchstens 1.000 Stack-Elemente pro Skript. Entscheidend war jedoch der statelessen Modus: Skripte hatten keine Erinnerung an frühere Zustände oder Zwischenberechnungen. Dies machte komplexe Berechnungen und damit anspruchsvolle Smart Contracts auf der Basisschicht praktisch unmöglich. Jede Transaktion wurde isoliert betrachtet, was die Entwicklung von Anwendungen, die einen fortlaufenden Zustand erfordern, massiv behinderte und die Fähigkeiten von Bitcoin einschränkte.
Ein früherer Lösungsansatz war BitVM, vorgestellt von Robin Linus (ZeroSync). BitVM ermöglichte zwar komplexe Verträge, basierte jedoch auf Betrugsbeweisen (fraud proofs). Diese kryptographischen Nachweise sollen fehlerhafte Berechnungen aufdecken. Die Implementierung erforderte jedoch, dass Betreiber Kapital bereitstellen, um potenzielle Korrekturen abzudecken. Dieses Kapital wurde erst nach Ablauf eines Zeitfensters zurückerstattet, was einen signifikanten ökonomischen Aufwand darstellte und die Skalierbarkeit sowie Zugänglichkeit des Systems einschränkte.
ColliderVM geht einen anderen Weg und nutzt eine hash-basierte Commitment-Technologie. Diese fordert heraus, eine Eingabe zu finden, die nach Anwendung einer Hash-Funktion ein Ergebnis mit bestimmten Merkmalen erzeugt – ähnlich dem Bitcoin-Mining, aber effizienter. Die Forscher behaupten, die Anzahl der benötigten Hash-Operationen im Vergleich zu BitVM um mindestens einen Faktor von 10.000 reduziert zu haben. Dies verringert sowohl die Skriptgröße als auch die Verarbeitungszeit erheblich und macht den Ansatz praktikabler.
Durch die effizienteren Ansätze von ColliderVM wird es möglich, on-chain-Verifizierungsskripte für STARK-Beweise ‚fast praktisch‘ zu machen, was die Skriptlängen signifikant reduziert.
Ein Kernstück von ColliderVM ist die Integration von STARKs (Scalable Transparent Arguments of Knowledge). Dies sind Zero-Knowledge-Beweise, die es erlauben, komplexe Berechnungen off-chain durchzuführen und sie on-chain mit minimalen Daten zu verifizieren. Im Gegensatz zu früheren Systemen wie zk-SNARKs benötigen STARKs keine vertrauenswürdige Initialisierung (sind trustless) und gelten als quantum-resistent, was sie zukunftssicherer macht und das Vertrauen in das System stärkt, da keine zentrale Instanz für die Erstellung benötigt wird.
Die Einführung von ColliderVM könnte weitreichende Folgen haben. Die Möglichkeit, komplexe smarte Verträge auf Bitcoin auszuführen, könnte die größte Kryptowährung von einem reinen Wertspeicher zu einem aktiven Ökosystem wandeln. Denkbar wären Anwendungen wie Staking, Lending und Yield Farming, die bisher Domänen anderer Blockchains wie Ethereum waren. Dies würde die Attraktivität und den Nutzen von Bitcoin potenziell massiv steigern und neue Investoren sowie Entwickler anziehen.
Trotz des Fortschritts bleiben trustloser Sidechains eine Herausforderung. Aktuelle Lösungen wie das Lightning Network basieren oft auf Vertrauen in bestimmte Akteure oder auf ökonomischen Anreizen durch Betrugsbeweise. Eli Ben-Sasson von StarkWare betonte, dass eine echte Bitcoin-Layer-2-Lösung die Sicherheit von Bitcoin selbst erben müsste – ein Ziel, das auch mit ColliderVM noch nicht vollständig erreicht ist. Die Suche nach vollständig dezentralen und sicheren Skalierungslösungen geht also weiter.
Das ColliderVM-Protokoll stellt einen wichtigen Fortschritt für Smart Contracts auf Bitcoin dar. Durch die Überwindung alter Skript-Limitierungen und die effiziente Nutzung von STARKs werden komplexe Berechnungen auf Bitcoin greifbarer, wenn auch noch nicht trivial. Obwohl Herausforderungen bei der Schaffung vollständig trustloser Systeme bestehen, weist ColliderVM den Weg zu einer erweiterten Funktionalität und Skalierbarkeit von Bitcoin. Dies könnte Bitcoin zu einem noch vielseitigeren Akteur in der digitalen Wirtschaft machen. Weitere Details zu dieser Technologie können im StarkWare Blog gefunden werden.