Die geplante EU-Chatkontrolle zur Bekämpfung sexueller Gewalt gegen Kinder im Netz hängt maßgeblich von Deutschlands Entscheidung ab. Das Gesetz, das Messenger-Dienste zur Überwachung verpflichten soll, benötigt noch die kritische Unterstützung im EU-Rat. Kritiker sehen darin eine anlasslose Massenüberwachung.
Die EU-Kommission schlug im Mai 2022 eine Verordnung vor, um sexuellem Missbrauch von Kindern online vorzubeugen. Kern der Verordnung ist die Verpflichtung von Messenger- und Hostingdiensten, die gesamte Nutzerkommunikation auf entsprechendes Material zu durchleuchten und ‚Grooming‘-Versuche aufzudecken. Umgangssprachlich wird dies als ‚Chatkontrolle‘ bezeichnet.
Der Vorschlag ist hoch umstritten. Kritiker bemängeln, dass er einer anlasslosen Massenüberwachung gleichkommt und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben könnte. Dies würde die Datensicherheit von Bürgern, Unternehmen und Institutionen gefährden. Datenschützer warnen vor einer Ära der Massenüberwachung, bei der alle EU-Bürger ohne konkreten Verdacht überwacht würden. Die Europäische Datenschutzbehörde äußerte Bedenken vor ‚allgemeiner und unterschiedsloser Überwachung‘.
Jede*r von uns hat das Recht seine Ideen frei zu äußern, oder sie geheim zu halten. So haben wir unsere demokratischen Gesellschaften aufgebaut.
Deutschland und Polen haben sich bisher gegen die Chatkontrolle ausgesprochen. Deutschland lehnte Client-seitiges Scannen bereits 2023 mit der Begründung ‚keine Strafverfolgung um jeden Preis‘ ab. Ob die neue Regierung in Deutschland eine ablehnende Haltung einnimmt, ist unklar.
Für eine Einigung im EU-Rat ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich. Die dänische Ratspräsidentschaft strebt eine endgültige Abstimmung im EU-Rat am 14. Oktober 2025 an.
Die EU’s proposed Chat Control law is just short of the critical support it needs to pass in the EU Council, and Germany could change the balance.
Das Europäische Parlament hat einige grundrechtsschonendere Positionen vorgeschlagen, darunter eine zielgerichtete und anlassbezogene Ausgestaltung der Aufdeckungsanordnungen. Ein polnischer Kompromissvorschlag, der das Scannen von Nachrichten nur auf freiwilliger Basis vorsah, scheiterte jedoch.
Automatisierte Scansysteme weisen hohe Fehlerraten auf. Deutsche Daten aus 2024 zeigten über 99.000 falsche Meldungen privater Chats und Fotos, die bei den Behörden landeten.