Die globalen Kapitalmärkte erleben einen dramatischen Wandel: Während die Nachfrage nach US-Vermögenswerten einbricht, zeigt Bitcoin eine bemerkenswerte Stärke und nähert sich der kritischen Marke von 85.000 USD. Makroökonomische Unsicherheiten und protektionistische Politik treffen aufeinander.
Bitcoin demonstriert aktuell eine bemerkenswerte technische Stärke inmitten globaler Marktverwerfungen. Wie von Analyst Caleb Franzen auf dem Tageschart beobachtet wurde, ist BTC aus einem mehrmonatigen absteigenden Kanal ausgebrochen. Wichtiger noch, der Kurs konsolidierte sich über den gleitenden Durchschnitten der letzten 200 Tage (Simple und Exponential). Diese Konstellation signalisiert eine signifikante Resilienz und stützt die These einer Stabilisierung nahe der Marke von 85.000 USD, einem kritischen Widerstandsniveau, das nun als potenzielle Unterstützungszone dient und auf Kaufinteresse hindeutet.
Ergänzend zur Charttechnik liefert die On-Chain-Analyse weitere Hinweise. Cauê Oliveira von BlockTrends verweist auf das Spot-Orderbuch, das ein relatives Gleichgewicht zwischen Kauf- und Verkaufsorders zeigt. Allerdings konzentriert sich die Liquidität oberhalb des aktuellen Preises, was auf Verkaufsdruck bei höheren Niveaus hindeutet. Oliveira sieht Potenzial für einen Anstieg bis 88.500 USD, sofern das Level von 85.500 USD verteidigt werden kann. Dies unterstreicht die Bedeutung der aktuellen Preiszone für die kurzfristige Trendrichtung.
Diese relative Stärke von Bitcoin manifestiert sich vor dem Hintergrund massiver makroökonomischer Unsicherheiten, die die Kapitalströme in den US-Märkten neu ordnen. Ein Haupttreiber ist die protektionistische Handelspolitik unter Präsident Trump, insbesondere die am 2. April 2025 angekündigten umfassenden Zölle. Dieser „Liberation Day“ löste einen globalen Aktiencrash aus: Der Dow Jones verlor binnen 48 Stunden 4.000 Punkte, der Nikkei und TSX folgten mit ähnlichen Einbrüchen. Dies waren beispiellose, schnelle Verluste.
Die Auswirkungen der Handelspolitik beschränkten sich nicht auf Aktien. Auch die US-Anleihemärkte gerieten stark unter Druck. Zunächst flüchteten Investoren in Anleihen, was die Renditen drückte – die 10-jährige Treasury-Rendite fiel am 4. April auf 3,86%. Doch ab dem 9. April kollabierte der Markt, die Renditen schossen in die Höhe. Die 10-Jahres-Rendite stieg auf 4,5%, die 30-jährige erlebte mit einem Sprung um 54 Basispunkte auf 4,92% den größten Dreitagesanstieg seit 1982. Dies signalisiert erhebliche Marktstress.
„Wir erleben einen simultanen Kollaps der Preise aller US-Vermögenswerte – Aktien, Dollar gegenüber alternativen Reservewährungen und der Anleihemärkte. Das ist unerforschtes Terrain im globalen Finanzsystem.“
*George Saravelos, Deutsche Bank*
Die protektionistischen Maßnahmen und die resultierende Unsicherheit untergraben das Vertrauen in den US-Dollar und US-Assets fundamental. Anders als in früheren Krisen, wo der Dollar als sicherer Hafen gesucht wurde, verkaufen ausländische Akteure nun massiv US-Vermögenswerte. Diese beginnende Kapitalflucht – jährlich fließen fast 2 Billionen USD ausländischer Investitionen in die USA – könnte langfristige Folgen haben, insbesondere da Ausländer ca. 30% der Staatsanleihen halten und die US-Verschuldung steigt. Der globale Reservestatus des Dollars steht zur Disposition.
Investoren suchen angesichts der Turbulenzen nach alternativen sicheren Häfen. Gold, deutsche Bundesanleihen (Bunds), der Schweizer Franken und der japanische Yen gewinnen an Attraktivität. Gary Schlossberg vom Wells Fargo Investment Institute mahnt jedoch zur Vorsicht: Der US-Dollar bleibe zentral, und die Tiefe und Liquidität der US-Märkte seien schwer zu ersetzen. Die aktuelle Erosion der Dollar-Stärke könne potenziell noch umgekehrt werden, auch wenn Alternativen wie der Euro strukturelle Nachteile hätten.
Die gegenwärtigen Entwicklungen signalisieren möglicherweise den Beginn einer neuen Ära an den Finanzmärkten, in der die Vormachtstellung der USA nicht mehr unangefochten ist. Trumps Zölle verändern die globale Wirtschaftsdynamik nachhaltig. Bitcoin, das sich in diesem volatilen Umfeld robust zeigt, könnte zunehmend als Alternative zu traditionellen Fiatverlusten und als Diversifikationsinstrument wahrgenommen werden. Die weitere Entwicklung der Kapitalströme und die Rolle von Assets wie Bitcoin bleiben entscheidend zu beobachten.