Eine australische Radiostation hat über Monate heimlich einen KI-Moderator eingesetzt. Die Entdeckung löste eine Welle der Kritik aus und wirft wichtige Fragen zur Transparenz und Ethik in den Medien auf. Ein mutiges, aber kontroverses Experiment.
Über Monate hinweg lief bei der australischen Radiostation CADA ein ungewöhnliches Experiment: Ein KI-generierter Host namens „Thy“ moderierte eine vierstündige Tagesshow – ohne Wissen der Hörer. Die Station, Teil des Australian Radio Network (ARN) und über Sydney sowie die iHeartRadio-App empfangbar, testete die Grenzen dessen aus, was „Live-Radio“ bedeuten kann, indem sie eine künstliche Intelligenz unauffällig in ihr Programm integrierte.
Die Entdeckung dieser verborgenen Technologie kam durch die Autorin Stephanie Coombes ins Rollen. Ihr fielen fehlende Informationen über die Moderatorin „Thy“ auf, was zu grundlegenden Fragen führte: „Was ist Thys Nachname? Wer ist sie? Woher kommt sie?“. Die absolute Anonymität der angeblichen Moderatorin schien verdächtig und führte zu weiteren Nachforschungen, die schließlich die Wahrheit enthüllten.
Eine daraufhin durchgeführte Audioanalyse bestätigte die anfänglichen Zweifel. Bei wiederholten Phrasen, wie zum Beispiel „old school“, zeigten sich identische Muster in der Stimmstruktur, ein klares Indiz für eine künstlich generierte Stimme. Diese technischen Auffälligkeiten ließen keinen Zweifel mehr daran, dass es sich bei „Thy“ nicht um einen menschlichen Moderator handelte, sondern um eine Synthesestimme, die über Monate hinweg tausende Hörer täuschte.
Viele Kritiker argumentierten, dass ARN die Hörer getäuscht hatte, indem sie nicht offengelegt hatten, dass der Radiomoderator eine künstliche Intelligenz war.
Nachdem die Wahrheit ans Licht gekommen war, bestätigte Fayed Tohme, Projektleiter von ARN, die Verwendung der KI in einem mittlerweile gelöschten LinkedIn-Post. Er beschrieb die Initiative als ein Experiment, das die Grenzen von „Live-Radio“ verschiebt: „Kein Mikrofon, kein Studio, nur Code und Vibes.“ Dieses Eingeständnis kam jedoch zu spät und löste einen erheblichen Aufschrei in der Öffentlichkeit und der Medienbranche aus. Die fehlende Transparenz wurde scharf kritisiert.
Teresa Lim, Vizepräsidentin der Australian Association of Voice Actors, äußerte scharfe Kritik am Vorgehen von ARN. Sie betonte die Notwendigkeit vollkommener Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber den Hörern bezüglich der Nutzung von KI-Stimmen. Die Tatsache, dass die KI-Stimme nicht gekennzeichnet war, sah sie als klare Täuschung des Publikums. Obwohl es laut der Australian Communications and Media Authority (ACMA) noch keine spezifischen Regeln gibt, wurde das Vorgehen von ARN weithin verurteilt.
Die Technologie hinter „Thy“ stammt von ElevenLabs, einem Spezialisten für Stimmenklonung. Diese fortschrittliche Technologie ermöglicht die Generierung hochrealistischer und konsistenter Stimmen. Das Experiment von ARN und ElevenLabs zeigt, wie weit die Verschmelzung von Mensch und Maschine im Radio bereits fortgeschritten ist. Die Tatsache, dass „Thy“ über Monate unentdeckt blieb, unterstreicht sowohl das Potenzial als auch die Risiken dieser Technologien im Medienbereich.
Die Geschichte von Thy und CADA dient als Mahnung, dass die Verwendung von AI in den Medien sorgfältig geplant und offengelegt werden muss, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu wahren.