RWA-Tokenisierung: Immobilien-Hype oder Irrweg?

Die Tokenisierung von Real-Welt-Assets (RWAs) verspricht Billionenmärkte, doch Experten warnen vor überzogenen Erwartungen. Michael Sonnenshein, ehemaliger Grayscale-CEO, äußert sich skeptisch, insbesondere was die Tokenisierung von Immobilien angeht. Warum könnten andere Assets besser geeignet sein?

Die Tokenisierung von Real-Welt-Assets (RWAs) gewinnt in der Blockchain-Finanzwelt an Fahrt. Prognosen, wie die von Standard Chartered und Synpulse, sehen einen Markt von bis zu 30 Billionen US-Dollar bis 2034 voraus. Diese optimistische Sichtweise wird jedoch nicht von allen Branchenexperten geteilt. Insbesondere erfahrene Akteure mahnen zur Vorsicht und betonen die Notwendigkeit, die tatsächlichen Vorteile und Herausforderungen der Tokenisierung nüchtern zu bewerten, statt blind dem Hype zu folgen. Die Diskussion dreht sich oft um die Frage: Welche Assets profitieren wirklich?

Einer der prominenten Skeptiker ist Michael Sonnenshein, COO bei Securitize und ehemaliger CEO von Grayscale Investments. Mit seiner tiefgreifenden Erfahrung in der digitalen Asset-Branche hinterfragt er die Notwendigkeit, jedes Asset zu tokenisieren. Er argumentiert, dass für viele traditionelle Assets bereits effiziente Systeme existieren. Die blosse technische Möglichkeit der Tokenisierung rechtfertigt seiner Meinung nach nicht automatisch deren Umsetzung, insbesondere wenn bestehende Infrastrukturen gut funktionieren und etabliert sind. Seine Perspektive fordert eine kritische Prüfung des Mehrwerts.

Ich muss einfach sagen, dass es im Moment bereits einige sehr gute Systeme gibt, die den Handel mit diesen Assets ermöglichen. Nur weil etwas tokenisiert werden kann, bedeutet das nicht, dass es auch tokenisiert werden sollte.

Trotz seiner Skepsis gegenüber der astronomischen Prognose sieht Sonnenshein die Tokenisierung als bleibenden Trend. Er erwartet eine Integration in bestehende Investitionsstrategien. Zukünftig könnten Investoren ihre Wallets nicht mehr nur als Speicher für Kryptospekulationen betrachten, sondern als zentrale Orte zur Verwaltung ihrer gesamten Investments, ähnlich wie heutige Brokerage- oder Investmentkonten. Dies signalisiert eine Reifung des Marktes weg von reiner Spekulation hin zu einer breiteren Adoption für diversifizierte Portfolios.

Ein besonders kontrovers diskutiertes Feld ist die Immobilientokenisierung. Initiativen wie der Milliardendeal zwischen Damac und Mantra in den Vereinigten Arabischen Emiraten zeigen das Interesse an diesem Sektor. Sonnenshein äußert hier jedoch spezifische Bedenken. Er erkennt zwar an, dass Blockchain Effizienzen schaffen kann, etwa durch die Eliminierung von Mittelsmännern. Dennoch hält er die Darstellung von Immobilienbesitz durch Tokenisierung für nicht ideal, vor allem im Hinblick auf die Liquiditätsanforderungen des heutigen On-Chain-Ökosystems.

Ich bin sicher, dass es Effizienzen gibt… Aber ich denke, was die On-Chain-Wirtschaft heute verlangt, sind flüssigere Assets.

Die wahren Vorteile der Tokenisierung liegen laut Sonnenshein eher bei liquideren Assets. Hier nennt er verbesserte Liquidität, tägliche Dividenden, Instant-Liquidität und 24/7-Handelszugang als Alleinstellungsmerkmale gegenüber traditionellen Finanzprodukten. Als Beispiel dient der BUIDL-Tokenized-Treasury-Fund von BlackRock, der in Kooperation mit Securitize entstand und Echtzeit-Rücknahmen sowie die Nutzung in DeFi-Ökosystemen ermöglicht. Dies macht tokenisierte Staatsanleihen oder öffentliche Aktien besonders attraktiv für moderne Investoren, die Flexibilität suchen.

Sonnensheins Haltung fordert eine realistische Perspektive auf die RWA-Tokenisierung. Während der Trend unumkehrbar scheint, müssen Erwartungen und die Asset-Auswahl kritisch geprüft werden. Die Partnerschaften von Securitize mit Finanzgrößen wie BlackRock, Hamilton Lane und KKR unterstreichen die wachsende Bedeutung. Laut The Block die Tokenisierung von Anlagefonds, Private Equity und Staatsanleihen auf Plattformen wie Ethereum oder Polygon zeigt das Potenzial für effizientere und zugänglichere Märkte, jenseits der Herausforderungen illiquider Assets wie Immobilien.