Die Schweiz gilt als Bollwerk der Privatsphäre – auch für Krypto-Projekte. Doch neue Überwachungspläne stellen diesen Ruf infrage. Erfahrt, wie die Krypto-Branche kämpft und ob Dezentralisierung die entscheidende Rettung sein kann.
Die Schweiz genießt traditionell den Ruf als Hochburg der Privatsphäre, ein attraktiver Standort für Unternehmen und Vermögende, die Diskretion schätzen. Diese Anziehungskraft erstreckt sich auch auf zahlreiche Web3-Projekte, angezogen von der generell positiven Haltung der Schweizer Regierung gegenüber Blockchain und digitalen Assets. Das Land galt lange als eines der führenden weltweit, was den Schutz persönlicher Daten betrifft.
Kee Jeffries, technischer Mitgründer der dezentralen privaten Messaging-App Session, betont, dass es wichtig sei, die Stiftung „in einem Land zu gründen, das eine lange Geschichte der Wahrung der persönlichen Privatsphäre und der Meinungsfreiheit hat.“
Allerdings müssen Regierungen stets zwischen Bürgerprivatsphäre und nationaler Sicherheit balancieren. In der Schweiz regelt die OSCPT die Überwachung. Ein Vorschlag zur Revision zielt darauf ab, die Überwachungsanforderungen für Dienstleister zu verschärfen. Dies würde die Definition auf Dienste wie VPNs, soziale Netzwerke und Messaging-Apps ausweiten. Anbieter mit über 5.000 Nutzern müssten künftig Nutzer identifizieren und nicht end-to-end verschlüsselte Kommunikation entschlüsseln.
Diese geplanten Änderungen stoßen auf heftigen Widerstand in der Privatsphäre-Community. Proton-CEO Andy Yen droht mit Klage und Abzug des Unternehmens. Der dezentrale VPN-Anbieter Nym ruft Bürger zum Protest auf. Experten wie Sebastian Bürgel von Gnosis sehen die Maßnahme als kontraproduktiv.
Nym-COO Alexis Roussel erklärt dazu, dass die Verordnung des Bundesrates „einen ganzen Sektor zerstört“ und fügt hinzu: „Diese Verordnung gefährdet direkt die Menschen, die diese Dienste nutzen.“
Ronald Kogens von der Anwaltskanzlei MME, spezialisiert auf Web3 und Fintech, sieht jedoch eine potenzielle Rettungsleine in dezentralen Technologien. Seiner Meinung nach sollten wirklich dezentrale Projekte von den neuen Überwachungsanforderungen ausgenommen sein, da die Verordnung auf den Betrieb spezifischer Infrastruktur abzielt.
Das Tornado Cash Beispiel zeigt, dass dezentrale Systeme schwer zu stoppen sind. Selbst unter Sanktionen und nach Verhaftungen läuft der Smart Contract weiter. Je dezentraler ein Projekt, desto weniger beeinflussbar ist es durch staatliche Eingriffe. Dies könnte für Projekte, die keine zentrale Infrastruktur betreiben, wie Hopr, von Vorteil sein.
Die vorgeschlagenen OSCPT-Änderungen sind noch in der Konsultationsphase. Bis Anfang Mai kann Feedback eingereicht werden. Experten hoffen, dass die Schweizer Regierung Anpassungen vornimmt, um der Industrie nicht zu schaden. Es besteht sogar die Hoffnung auf einen unerwarteten positiven Effekt: Die Maßnahmen könnten Nutzer zu stärker dezentralisierten und privatsphärenfreundlicheren Lösungen treiben.