Der US-Aktienmarkt feiert neue Höchststände, doch unter der Oberfläche brodelt es. Historische Daten und aktuelle Marktsignale deuten auf erhebliche Risiken hin – Vorsicht ist geboten.
Der US-Aktienmarkt hat eine beeindruckende Rally hingelegt, befeuert durch Erwartungen an Steuersenkungen, Deregulierung und niedrige Ölpreise unter der Trump-Regierung. Experten wie Manish Kabra von SocGen sehen Potenzial für weiteres Wachstum Anfang 2025, bevor Faktoren wie Zollpolitik und Inflation stärker in den Fokus rücken. Prognosen für den S&P 500 sehen ihn teils bei 6.600 Punkten bis Jahresende, ein sattes Plus von 12%. Doch diese optimistischen Aussichten stehen auf wackligen Füßen, wie die Analyse zeigt.
Trotz der positiven Prognosen lauern signifikante Risiken. Insbesondere die Handelskonflikte, allen voran mit China durch Trumps geplante Zölle, könnten preissteigernd wirken und US-Unternehmen sowie Konsumenten belasten. Ein möglicher Handelskrieg und die angedrohte Abschiebung von Millionen Einwanderern könnten zu Arbeitsmarktengpässen und Lohnsteigerungen führen. Hinzu kommen Sorgen über steigende Inflation und eine lockere Fiskalpolitik, die die Staatsschulden und Finanzierungskosten in die Höhe treiben könnten. Adam Posen warnt vor Inflationsanstiegen durch Zölle.
Die Rolle der Federal Reserve (Fed) ist entscheidend. Nach früheren Zinssenkungen bestehen Zweifel an weiteren Schritten. Ökonomen der Bank of America sehen den Zinssenkungszyklus angesichts eines robusten Arbeitsmarktes als beendet an und bringen sogar Zinserhöhungen ins Spiel, sobald der neue Haushalt verabschiedet ist. Höhere Zinsen würden die Finanzierungskosten für Unternehmen erhöhen und das Aktienmarktwachstum bremsen. Mohit Kumar von Jefferies betont, dass höhere Zinsen für Risikoanlagen negativ sind und als Top-Risiko gelten.
Ein zentrales Warnsignal ist die extreme Überbewertung des US-Aktienmarktes nach zwei sehr ertragreichen Jahren. Historisch gesehen folgten auf solch hohe Niveaus oft Verluste. Chris Iggo von AXA Investment Managers hebt hervor, dass das CAPE-Verhältnis (Shiller-KGV) sehr hoch ist. Besonders der Technologiesektor, angetrieben durch die „Magnificent 7“, weist Bewertungen auf, die im historischen Vergleich extrem sind. Diese Situation erinnert an frühere Blasen und mahnt zur besonderen Vorsicht bei Investitionsentscheidungen.
„Die Bewertungen, gemessen am CAPE-Verhältnis, sind sehr hoch. Insbesondere der Technologie-Sektor zeigt Bewertungen, die historisch gesehen extrem sind.“ – Chris Iggo, AXA Investment Managers.
Historische Parallelen wie die Dotcom-Blase von 2000 zeigen, dass disruptive Technologien zwar die Wirtschaft stärken, aber nicht zwangsläufig zu dauerhaft hohen Aktiengewinnen führen. Die aktuelle KI-Revolution könnte ähnlich durch Regulierung, Fehlschläge oder Angebotsschocks gebremst werden. Ein Vorgeschmack war die Marktkorrektur im April 2025 nach Trumps Zollankündigungen („Liberation Day“), die zu einem massiven Einbruch führte und den VIX auf Rekordhöhe trieb. Diese Ereignisse unterstreichen die realen Gefahren.
Der US-Aktienmarkt steht an einem kritischen Punkt. Optimistische Prognosen stehen erheblichen Risiken gegenüber: Überbewertungen, Handelskonflikte und Zinsunsicherheiten. Viel positiver Ausblick ist bereits eingepreist, was das Risikoprofil erhöht. Investoren sollten sich der historischen Warnsignale bewusst sein und Risiken sorgfältig abwägen. Eine proaktive Strategie und die Bereitschaft, auf Marktveränderungen zu reagieren, sind entscheidend, um in diesem volatilen Umfeld bestehen zu können. Eine reine „Buy-and-Hold“-Strategie könnte sich als fatal erweisen. Laut Chris Iggo von AXA ist das CAPE-Verhältnis sehr hoch.