Shorten bei Krypto: Leerverkäufe und Wetten auf fallende Kurse

Während die meisten Krypto-Anleger auf steigende Kurse hoffen (Long gehen), gibt es eine gegenteilige Strategie: das Shorten. Diese Methode erlaubt es dir, von fallenden Preisen zu profitieren, birgt aber auch erhebliche Gefahren. Verstehe die Mechanismen und Risiken, bevor du dich an Leerverkäufe wagst.

Im Kern bedeutet „Shorten“, auf den Preisverfall eines Vermögenswerts zu wetten. Gehst du eine „Short-Position“ ein, profitierst du, wenn der Preis der Kryptowährung sinkt. Fällt der Kurs wie erwartet, erzielst du einen Gewinn. Steigt der Preis jedoch entgegen deiner Erwartung, erleidest du Fiatverluste. Es ist die Antithese zum klassischen „Long gehen“, bei dem man auf steigende Kurse setzt. Diese Strategie erfordert ein tiefes Verständnis der Marktmechanismen und ist mit erheblichen Risiken verbunden, die oft über die des einfachen Kaufens hinausgehen.

Die gängigste Methode ist das Margin Trading. Hier leihst du dir Kryptowährung von einer Börse, um sie sofort zu verkaufen. Du hinterlegst eine Sicherheitsleistung, die „Margin“, und oft wird ein Hebel (Leverage) eingesetzt. Dieser vervielfacht deine Positionsgröße und damit potenzielle Gewinne, aber eben auch Verluste. Nach dem Leihen verkaufst du die Kryptowährung zum aktuellen Marktpreis. Du hältst nun den Gegenwert, z.B. in Euro oder USDT, hast aber die Verpflichtung zur Rückgabe der geliehenen Coins. Diese Methode ähnelt dem klassischen Leerverkauf an traditionellen Märkten.

Nach dem Verkauf wartest du auf den erhofften Kursfall. Sobald der Preis gesunken ist, kaufst du die gleiche Menge der Kryptowährung günstiger zurück und gibst sie an den Verleiher zurück. Dein Gewinn ist die Differenz, abzüglich Leih- und Handelsgebühren. Doch Vorsicht: Steigt der Preis, näherst du dich dem Liquidationspreis. Erreicht der Kurs dieses Niveau, schließt die Plattform deine Position automatisch, um weitere Verluste zu verhindern. Dabei kannst du deine gesamte Margin verlieren. Ein Margin Call warnt dich vorher, dass Kapital nachgeschossen werden muss.

Beim Shorten kann der Preis theoretisch unendlich steigen. Da du die Kryptowährung zu immer höheren Preisen zurückkaufen musst, gibt es keine Obergrenze für den möglichen Verlust.

Eine weitere Methode sind Futures Contracts (Terminkontrakte). Das sind Verträge, die Käufer und Verkäufer verpflichten, einen Vermögenswert zu einem festgelegten Preis an einem Datum in der Zukunft zu handeln. Beim Shorten verkaufst du einen Futures-Kontrakt. Fällt der Marktpreis bis zum Ablauf, kannst du die Verpflichtung günstiger erfüllen oder den Kontrakt mit Gewinn schließen. Im Krypto-Bereich sind Perpetual Futures beliebt, die kein festes Ablaufdatum haben und über Funding Rates dem Spot-Preis folgen, ähnlich dem Margin Trading.

Options Contracts, speziell Put-Optionen, bieten eine andere Möglichkeit. Eine Put-Option gibt dir das *Recht*, aber nicht die *Pflicht*, eine Kryptowährung zu einem bestimmten Preis (Strike Price) bis zu einem Verfallsdatum zu verkaufen. Fällt der Marktpreis unter den Strike Price, wird deine Option wertvoller. Du kannst sie dann gewinnbringend weiterverkaufen oder ausüben. Der maximale Verlust ist hierbei auf die gezahlte Prämie für die Option begrenzt, was einen signifikanten Unterschied zum direkten Leerverkauf darstellt.

Schließlich gibt es Contracts for Difference (CFDs). Das sind derivative Finanzinstrumente, bei denen du mit einem Broker auf die Preisdifferenz eines Vermögenswerts zwischen Eröffnung und Schließung des Vertrags spekulierst. Um zu shorten, eröffnest du eine „Verkaufsposition“. Fällt der Preis des Basiswerts, steigt der Wert deines CFDs. CFDs werden oft mit hohem Hebel gehandelt, was die Risiken verstärkt. Die Verfügbarkeit und Regulierung von CFDs kann je nach Land variieren und ist ein wichtiger Punkt bei der Auswahl der Handelsplattform.

Ein gefürchtetes Szenario ist der Short Squeeze: Steigt der Preis einer stark geshorteten Kryptowährung plötzlich, müssen Short-Seller zurückkaufen, was den Preis weiter treibt und zu massiven Verlusten führen kann.

Shorten ist somit ein Werkzeug für erfahrene Händler. Es bietet zwar die Chance, von fallenden Märkten zu profitieren oder ein Portfolio abzusichern (Hedging), birgt aber immense Risiken. Das potenziell unbegrenzte Verlustrisiko, die Gefahr der Liquidation und die Kosten durch Funding Rates dürfen nie unterschätzt werden. Die hohe Volatilität des Kryptomarktes verschärft diese Gefahren zusätzlich. Ein robustes Risikomanagement und tiefes Marktverständnis sind unerlässlich, bevor du Short-Positionen überhaupt in Betracht ziehst.