Worldcoin verspricht globale finanzielle Inklusion durch Iris-Scans, doch das Projekt von Sam Altman steht unter massivem Beschuss. Kritiker warnen vor Zentralisierung und Datenschutzrisiken. Ist das biometrische Modell eine Bedrohung für die digitale Selbstbestimmung?
Die Krypto-Branche erlebt ständig neue Entwicklungen, doch Worldcoin, das nun als World firmiert, hat eine unvergleichliche Debatte ausgelöst. Das Projekt von Sam Altman verifiziert die Einzigartigkeit von Individuen durch Iris-Scans und verteilt weltweit seinen WLD-Token. Ziel ist angeblich finanzielle Inklusion. Doch gerade die biometrischen Methoden stehen massiv in der Kritik. Sie gelten als invasiv, zu zentralisiert und widersprechen angeblich den Grundprinzipien der Dezentralisierung und digitalen Privatsphäre, die Krypto ausmachen.
Der Kern der Kritik an Worldcoin liegt in der Zentralisierung biometrischer Daten. Kritiker argumentieren, dass Systeme, die auf proprietärer Hardware wie dem „Orb“ und geschlossenen Authentifizierungsmethoden basieren, nicht wahrhaft dezentral sein können. Experten warnen: dies schafft zentrale Schwachstellen.
„Dezentralisierung ist nicht nur eine technische Architektur, sondern eine Philosophie, die Benutzerkontrolle, Privatsphäre und Selbstbestimmung priorisiert. Das biometrische Modell von World ist von Natur aus im Widerspruch zu dieser Philosophie.“
Obwohl World Tools wie MPC und ZKPs nutzt, bleibt die Abhängigkeit vom Orb und zentralisiertem Code-Deployment eine Schwachstelle. „Dies ist eine absichtliche Konstruktion, um die Ziele der eindeutigen Identifizierung zu erreichen. Diese Konzentration von Macht schafft einen einzelnen Fehlerpunkt„, so Shady El Damaty von Holonym Foundation. Das untergräbt das Dezentralisierungsversprechen.
Worldcoin betont, keine zentralisierte biometrische Infrastruktur zu nutzen. Ein Sprecher erklärte, die World App sei nicht-custodial. Das Iris-Foto werde nach dem Scan verschlüsselt gesendet und sofort gelöscht. Der Iris-Code werde anonymisiert verarbeitet. Doch die Bedenken in puncto Datenschutz bleiben massiv. Behörden in Spanien untersagten die Datenerfassung und Nutzung bereits gesammelter Daten wegen der hohen Risiken für individuelle Rechte.
Auch das Bundesinnenministerium in Deutschland äußerte sich kritisch zur biometrischen Identifizierung durch Worldcoin. Sie sehen erhebliche Risiken in der zentralisierten Kontrolle über solche sensiblen Daten. Kritiker warnen vor einem Modell des Überwachungskapitalismus, das entsteht, wenn finanzielle Transaktionen mit biometrischer Identifikation verknüpft werden. Ein globales Identitätsregister in privater Hand wird befürchtet.
Es besteht auch die Gefahr digitaler Exklusion. Wird Biometrie zur Voraussetzung für Dienstleistungen, entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Wer Daten preisgibt, erhält Zugang, wer nicht, wird ausgeschlossen. Worldcoin behauptet, dass Nutzer auch unverifizierte IDs nutzen können. Doch die Sorge bleibt, dass es als Überwachungstool missbraucht werden könnte, besonders in autoritären Regimen. Die Governance des Projekts ist ebenfalls umstritten, Kritiker sehen mangelnde Benutzereigentümerschaft.
„Wir müssen Systeme aufbauen, die es Einzelpersonen ermöglichen, ihre Menschlichkeit zu beweisen, ohne zentrale Repositorien für biometrische oder personenbezogene Daten zu schaffen.“
Die Entwicklung sicherer Identitätssysteme ist dringend notwendig, auch wegen der fortschreitenden KI. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen. „Ohne verlässliche Verifizierung für menschliche und KI-Agents sind digitale Ökosysteme wachsenden Bedrohungen ausgesetzt“, warnt Evin McMullen von Privado ID. Dies sei ein Albtraum für die nationale Sicherheit.